Zeitungsartikel über Kwizera in der Schwäbischen Zeitung

Details

Erstellt: Mittwoch, 05. Februar 2014 21:25

Zwei Rutenmaß sind in Ruanda eine neue Existenz

Der neu gegründete Ravensburger Verein Kwizera verleiht Mikrokredite an afrikanische Frauen.

Kathrin Mugisha hatte die Idee, Mikrokredite an Frauen in Ruanda zu vergeben. Ihr Mann Robert kommt aus dem Land in Ostafrika und unterstützt den Verein vor allem bei der Übersetzung.

Von Victoria Grenz

 
Etwa 30 Euro reichen aus, um in Ruanda ein neues Leben zu starten. So hoch sind im Durchschnitt die Kredite, die der Ravensburger Verein Kwizera an Frauen aus Ruanda vergibt. Ca. 15 Euro reichen für ein Schwein. Das sind ungefähr zwei Maß auf dem Rutenfest. Die Idee, Mikrokredite an die Frauen in Ruanda zu vergeben, hatte Kathrin Mugisha. Die ersten Kredite wurden aus eigener Tasche finanziert, seit Ende vergangenen Jahres ist Kwizera ein eingetragener Verein.

Der Einfall zu Kwizera kam Kathrin Mugisha als sie ein Buch über Muhammad Yunus gelesen hat, dem Mann, der für die Gründung der Garmeen Bank und die Begrünung des Mikrofinanzgedankens den Nobelpreis verliehen bekam. „Das hat mich fasziniert, was er alles gemacht hat“, sagt sie. 2010 starteten sie und sechs weitere Frauen dann selbst damit, von ihrem eigenen Geld Kredite an Ruandische Frauen zu vergeben. Kennengelernt hatte Kathrin Mugisha das Land in Ostafrika auf einer Weltreise. „Ruanda hat mir einfach am besten gefallen“, sagt sie. Schließlich hat sie dort auch ihren Mann Robert kennengelernt, mit dem sie eine Tochter hat.

Fünf Gruppen zu je fünf Frauen werden von Kwizera unterstützt. Seit 2010 hat der jetzt erst eingetragenen Verein 150 Kredite vergeben, von denen nur zwei nicht zurückgezahlt wurden. „Am Anfang habe ich gedacht: Ich bin froh, wenn die Hälfte zurückzahlt. Aber scheinbar nehmen das alle sehr ernst“, sagt Kathrin Mugisha. Eine der Frauen, die ihren Kredit nicht zurückgezahlt hat, leidet noch immer unter den Folgen des Völkermordes in Ruanda 1994. Nur knapp entging sie damals dem Tod, wurde geschlagen und vergewaltigt. Die Frau hat außerdem eine psychisch kranke Tochter, die nur auf dem Boden liegt, nicht spricht und nur wenig isst. „Da muss man auch ein bisschen Verständnis haben“, sagt Kathrin Mugisha.

Mit Kredit zum Bananenbier

Die Frauen der Gruppen kennen sich untereinander. Erst wenn die eine ihren Kredit zurückbezahlt hat, bekommt die nächste Geld – eine Art Sicherheitssystem. „Die meisten Kredite liegen so bei 30000 Ruanda-Franc, das sind umgerechnet rund 30 Euro“, sagt Kathrin. Der kleinste Kredit lag bei etwa 12,50 Euro, der größte bei rund 125 Euro. Viel Geld für die Frauen in einem der ärmsten Länder Afrikas. Eingesetzt wird das Geld unterschiedlich. Einige kaufen große Mengen Lebensmittel und verkaufen sie im Kleinen weiter, andere beginnen mit der Schweinezucht, pflanzen Tomaten und Kraut an oder brauen sogenanntes Bananenbier. Das zuhause gebraute Bier schmecke nicht nach Banane, erklärt Robert Mugisha, sonder ganz normal nach Bier, nur ein bisschen süßer. Die Kredite zahlen die Frauen in Raten ab, über eine Laufzeit von vier bis sechs Monaten. Überwiesen wird das Geld auf ein Ruandisches Konto. „Momentan hält sich der Verwaltungsaufwand noch in Grenzen“, sagt Kathrin Mugisha, die Pharmaingenieurin ist.

Zinsen kommen zurück

Kritik am Mikrofinanzprinzip nimmt der Verein ernst. „Die meisten wollen mit Mikrokrediten Gewinn machen“, sagt Robert Mugisha. Vor allem, weil die Bankmitarbeiter Provisionen bekommen und weil enormer Druck durch die Bank auf den Schuldnern lastet. „Ich wünsche mir zwar, dass es klappt“, sagt Kathrin Mugisha. „Aber wenn es im Einzelfall mal nicht klappt, ist es auch nicht so schlimm. Schade ist halt, dass die Gruppe dann vorerst keinen Kredit mehr bekommt.“ Zinsen müssen die Frauen, wie bei jeder Bank, auch bei den Kwizera-Krediten zahlen. Der Unterschied ist jedoch, dass das Geld nach einiger Zeit wieder für Investitionen an die Frauen ausgezahlt wird. Außerdem werden die Frauen vor Ort von Studenten betreut, die ehrenamtlich Workshops geben, zum Thema Geld, Geschäftsideen und Business Plan.

(Aktualisiert: 03.02.2014 11:28)